Es war einmal ein Land… / Teil 2 /

In den 1970er-Jahren lief es für Jugoslawien beim Eurovision Song Contest eher enttäuschend: Obwohl man die musikalische Top-Elite des Landes ins Rennen schickte, landeten die Beiträge – mit Ausnahme von 1972 – nie in den Top 10. Nach dem erneuten Misserfolg 1976 zog das Land Konsequenzen und legte eine ESC-Pause bis zum Ende des Jahrzehnts ein.

Zwischen Triumph und Rückschlag

1970 sicherte sich Eva Sršen mit dem Titel Pridi, dala ti bom cvet den Sieg bei der Jugovizija und vertrat Jugoslawien anschließend beim Eurovision Song Contest in Amsterdam, wo sie auf dem vorletzten, elften Platz landete. 1974 unternahm sie einen weiteren Versuch, sich für den ESC zu qualifizieren, musste sich bei der Jugovizija mit Lepa ljubezen jedoch mit Platz neun von zwölf zufriedengeben.

Vom 14. Platz beim ESC zum Liebesballaden-Klassiker

1971 entsandte Jugoslawien Krunoslav „Kićo“ Slabinac mit dem Song Tvoj dječak je tužan zum Eurovision Song Contest nach Dublin, wo er lediglich den 14. Platz belegte. Trotz dieses eher mäßigen Erfolgs prägte Slabinac in seiner fünfzig Jahre währenden Karriere die Musikszene nachhaltig: Er sang unzählige Hits, von denen viele zu zeitlosen Evergreens wurden. Einer dieser Klassiker ist Zbog jedne divne crne žene, 1972 als Single bei Jugoton erschienen. Entstanden aus einem einzigen kreativen Impuls, war der Song eine aufrichtige Liebeserklärung an eine schwarzhaarige Schönheit, die Kićo während seines Aufenthalts in den USA kennenlernte. Noch im Erscheinungsjahr avancierte der Titel zum ultimativen Hit, und bereits 1973 wurde er in der Belgrader Sendung „Grand Show“ zur schönsten Liebesballade des Jahrhunderts gekürt.

Zwischen Jugovizija und einer beeindruckenden Diskografie

1972 trat Tereza Kesovija erstmals bei der Jugovizija an und sicherte sich mit dem Song Muzika i ti den Sieg, der ihr die Teilnahme am Eurovision Song Contest in Edinburgh ermöglichte. Unter 18 teilnehmenden Ländern erreichte Jugoslawien den neunten Platz – das beste Ergebnis des Landes in den 1970er-Jahren. 1974 trat Tereza erneut bei der jugoslawischen Vorentscheidung an, diesmal mit dem Song Mili Moj, erreichte jedoch nur den 10. Platz von 12 Finalteilnehmern. 1987 nahm sie schließlich zum letzten Mal an der Jugovizija teil und erreichte mit Ko mi je kriv den dritten Platz. In ihrer Karriere hat Tereza Kesovija mehr als dreißig LPs, über siebzig Singles und mehr als zwanzig CDs veröffentlicht.

Tereza Kesovija vertrat auch Monaco 1966 in Luxemburg

Bevor Tereza Kesovija 1972 Jugoslawien beim Eurovision Song Contest vertreten sollte, hatte sie ihren ersten ESC-Auftritt bereits 1966 für Monaco. Möglich wurde dies, weil bei der Entscheidung, wer Monaco vertreten sollte, Prinzessin Gracia – ehemals Schauspielerin Grace Kelly – den Vorsitz der Jury innehatte. Sie wollte persönlich jede Veranstaltung im Jubiläumsjahr ihres Fürstentums, dem 700. Gründungsjahr, kontrollieren. Neben ihr saßen bekannte Persönlichkeiten wie Marcel Achard, Louis Ducreux und Jacques Antoine. Anfangs schien Terezas Song Bien plus fort kaum Chancen zu haben. Ihre größten Konkurrenten waren die französische Sängerin Isabelle Aubret mit dem Song Le Bonheur sowie Jean-Paul Carra mit Adieu, fille d’Espagne.

Marcel Achard, renommierter französischer Theatermann, war von Terezas Stimme und Interpretation so beeindruckt, dass er auch Prinzessin Gracia überzeugte. Angeblich riet er ihr: „Monaco braucht keine belanglosen Darbietungen“ – und dass Tereza gerade im Jubiläumsjahr, selbst bei wenigen Punkten, die richtige Wahl sei. Die Prinzessin stimmte sofort zu, und nach und nach folgten die übrigen Jurymitglieder ihrer Empfehlung, sodass Tele-Monte-Carlo entschied, die jugoslawische Sängerin beim ESC 1966 in Luxemburg antreten zu lassen. Am Ende belegte Tereza für Monaco den letzten Platz ohne Punkte – gemeinsam mit dem italienischen Teilnehmer Domenico Modugno, der 1958 mit Nel blu dipinto di blu einen der größten ESC-Klassiker präsentierte und damals Dritter wurde.

Vom Eurovision-Außenseiter zur Ikone des ehemaligen Jugoslawiens

1973 entsandte Jugoslawien Zdravko Čolić mit dem Siegerlied des Opatija-Festivals – dem damaligen Vorläufer der Jugovizija – zum Eurovision Song Contest nach Luxemburg, wo er mit dem Song Gori vatra zusammen mit Frankreich den vorletzten 15. Platz erreichte. Dennoch avancierte der Titel im Heimatland rasch zum Hit und leitete Čolićs Aufstieg zu einem der bedeutendsten, vielleicht sogar dem bedeutendsten Sänger des ehemaligen Jugoslawiens ein – ein Status, den er in weiten Teilen der Region bis heute genießt. Da sich sein umfangreiches Werk kaum auf einen oder anderen Song reduzieren lässt, lohnt sich ein Blick auf seinen offiziellen YouTube-Kanal, um seine verschiedenen musikalischen Epochen zu entdecken.

Die kurze, prägende Ära der Korni grupa

Die Korni grupa, 1968 in Belgrad vom früheren Indexi-Keyboarder Kornelije Kovač gegründet, entwickelte sich in den 1970er-Jahren zu einer der bekanntesten Rockbands Jugoslawiens, deren wechselnde Besetzung zeitweise auch spätere Stars wie Dado Topić und Zdravko Čolić umfasste. 1974 gewann die Band mit Moja generacija das Opatija-Festival und vertrat Jugoslawien beim Eurovision Song Contest in Brighton, wo sie jedoch nur den zwölften Platz von 17 Teilnehmern erreichte. Im selben Jahr nahmen die Musiker in Italien unter dem Namen The Cornelians das englischsprachige Symphonic-Rock-Album „Not An Ordinary Life“ auf, das kommerziell hinter den Erwartungen blieb. Enttäuscht über die geringe Resonanz und das schwache ESC-Abschneiden beschloss Kovač schließlich, die Band aufzulösen; die beiden Abschiedskonzerte im Studio M in Novi Sad erschienen 1975 teilweise auf dem Live-Album „Mrtvo more“.

Von Opatija zum ESC

Die Gruppe Pepel in kri entstand im Dezember 1974, als Tadej Hrušovar nach dem Zerfall von Bele vrane eine neue Formation aus bekannten Musikern gründete, zunächst unter dem Namen Zbor Tadeja Hrušovarja. 1975 erhielt die Band beim Festival der slowenischen Schlagermusik durch Dušan Velkaverh ihren endgültigen Namen, inspiriert von einem Vers über „Asche und Blut“. Noch im selben Jahr gelang ihr mit „Dan ljubezni“ der Durchbruch: Sieg beim Festival von Opatija und Platz 13 beim Eurovision Song Contest in Stockholm. Die Band trat auf allen wichtigen Festivals Jugoslawiens auf und wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter beim Split-Festival mit Samo tvoje ime znam. 1990 begleitete sie beim ESC in Zagreb gemeinsam mit Miran Rudan den italienischen Sänger Toto Cutugno mit dem Gewinnersong Insieme: 1992 und zuvor Johnny Logan, der als Ehrengast bei der Vorentscheidung „Jugovizija“ auftrat.

Ambasadori zwischen Festivalglanz und ESC-Rückschlag

Mit dem Titel Ne mogu skriti svoju bol trat die Sarajevaner Gruppe Ambasadori 1976 für Jugoslawien beim Eurovision Song Contest an. Die Komposition von Slobodan Vujović mit einem Text von Slobodan Durašović entwickelte sich im Heimatland zwar zu einem Hit, blieb jedoch beim europäischen Publikum weitgehend ohne Resonanz. Der Beitrag erzielte lediglich zehn Punkte und landete auf dem 17. und vorletzten Platz. Das schwache Ergebnis führte dazu, dass Jugoslawien seine Teilnahme am Wettbewerb für fünf Jahre aussetzte. Den größten Erfolg und ihre größte Popularität erzielte die Gruppe 1975 beim Festival „Vaš Šlager Sezone“ mit dem Song Zemljo moja. Ismeta Dervoz (Krvavac) – damals Sängerin der Gruppe – initiierte 1992 das Projekt zur Teilnahme Bosnien-Herzegowinas am Eurovision Song Contest und war anschließend viele Jahre lang Produzentin der bosnischen Vorentscheidungen sowie Delegationsleiterin.

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