Mehrere europäische Rundfunkanstalten drohen mit einem ESC-Boykott, falls Israel 2026 in Wien antritt – und inszenieren sich dabei als moralische Instanz. Doch wie konsequent ist diese Haltung wirklich? Ein Blick auf widersprüchliche Argumente, politischen Druck und die Frage, wer beim Eurovision Song Contest mit doppelten Maßstäben misst.
Aktuelle Streitfrage rund um den ESC 2026
Wir alle kennen inzwischen die Problematik rund um einige Fernsehsender, die damit drohen, beim Eurovision Song Contest 2026 in Wien nicht anzutreten, falls auch Israel teilnimmt. Konkret handelt es sich um die öffentlich-rechtlichen Sender Irlands, Islands, Belgiens, der Niederlande, Spaniens, Sloweniens und Finnlands, deren Teilnahme am ESC 2026 bisher noch nicht offiziell bestätigt wurde. Die endgültige Entscheidung soll nach der Generalversammlung der EBU am 4. und 5. Dezember 2025 getroffen werden. Obwohl die EBU am 21. November die Wettbewerbsregeln – insbesondere in Bezug auf die Länderpromotion – verschärft hat, bleiben Spanien und Slowenien bei ihren Drohungen weiterhin sehr laut. Aus meiner Sicht ist dieses Verhalten der Sender unsinnig und unvernünftig, und ich möchte im Folgenden erklären, warum. Doch zunächst ein kurzer Blick zurück.
Geschichte des Eurovision Song Contest
Der Eurovision Song Contest wurde im Oktober 1955 auf Initiative des Schweizers Marcel Bezençon gegründet, der damals Vorsitzender der Programmkommission der EBU war. Ziel war es, die Länder Europas nach dem Zweiten Weltkrieg wieder miteinander zu verbinden und den Austausch von Fernsehprogrammen zu fördern. Der ESC ist dabei kein Wettbewerb zwischen Ländern, sondern zwischen den öffentlichen Rundfunkanstalten, die der EBU angehören – aktuell sind es 68. Alle Mitglieder dürfen teilnehmen, wodurch der ESC zum weltweit bekanntesten eurovisionären Format wurde.
Politik und ESC – ein schwieriges Verhältnis
Die EBU stellt sich strikt gegen politische Einmischungen und vertritt die Haltung, dass nationale Politik beim ESC nichts zu suchen hat. Das ist zwar richtig, aber in der Praxis fast unmöglich umzusetzen. Menschen lassen sich nun einmal von politischen Strömungen, Stimmungen und einflussreichen Personen beeinflussen – und geraten dadurch in Situationen, die niemand verdient oder erleben sollte, erst recht nicht, wenn es um Menschenleben geht.
Frühere politische Eingriffe der EBU
Die EBU musste bereits dreimal auf politische Verfehlungen ihrer Mitglieder reagieren:
- Serbien (bzw. die Bundesrepublik Jugoslawien) war von 1993 bis 2003 vom Eurovision Song Contest ausgeschlossen, da die Europäische Rundfunkunion (EBU) die Teilnahme wegen der UN-Sanktionen infolge des Jugoslawienkrieges untersagte.
- Belarus (BTRC) wurde 2021 suspendiert, weil der Sender nach den Protesten im Land von der Regierung instrumentalisiert wurde.
- Russische EBU-Mitglieder wurden 2022 infolge des Angriffs auf die Ukraine ausgeschlossen, mit der Begründung, dass sie von ihrer Regierung beeinflusst seien.
Im Fall Israels hat die EBU jedoch nicht eingegriffen, da die israelische Rundfunkanstalt laut verschiedenen Berichten nicht unter direkter Regierungskontrolle steht. Dennoch hat die EBU – unter dem Druck der oben genannten Länder – zugestimmt, das Thema Israels Teilnahme auf der Generalversammlung zu diskutieren.
Meine persönliche Haltung
Ich finde das wirklich überflüssig und betone ausdrücklich, dass ich politisch nicht engagiert bin und es auch nicht sein möchte; ich bin weder für noch gegen irgendein Land oder eine Seite, sondern neutral, habe aber selbstverständlich das Recht, meine Meinung zu äußern – besonders dann, wenn ich es für nötig halte, wie in diesem Fall. Wenn der israelische Sender tatsächlich unabhängig von der Regierung ist, wie behauptet wird, sollte er teilnehmen dürfen, denn er ist schlicht ein EBU-Mitglied. Wer ein Problem damit hat, dürfte dies aus anderen Gründen tun oder möchte sich moralisch in Szene setzen, was für mich die naheliegendste Erklärung für die Drohungen der genannten Sender ist.
Ein besonders absurd erscheinendes Beispiel
Das Absurde ist die Aussage des slowenischen Fernsehens, das nicht nur auf eine Teilnahme verzichten, sondern den ESC überhaupt nicht übertragen will, falls Israel dabei ist. Genau das ist der Grund, warum ich diesen Artikel „Doppelmoral der TV-Sender“ genannt habe.
Der offensichtliche Widerspruch
Alle diese Sender, die wegen Israel nicht am ESC teilnehmen wollen, übertragen sehr wohl die Olympischen Winterspiele 2026, bei denen Israel ebenfalls vertreten ist, und sagen ihre Teilnahme dort nicht ab. Warum also beim ESC? Der Unterschied liegt darin, dass der Fernsehsender selbst über eine Teilnahme entscheidet, während über die Teilnahme an den Olympischen Spielen der nationale Olympische Ausschuss bestimmt. Überträgt ein öffentlich-rechtlicher Sender also die Olympischen Spiele – inklusive der Teilnahme Israels – und boykottiert gleichzeitig den Eurovision Song Contest wegen Israels Teilnahme, zeigt das genau die Doppelmoral, von dem ich spreche.
Meine Botschaft an die betroffenen Sender:
Lasst die Kirche im Dorf und hört auf, aus dem ESC ein politisches Schlachtfeld zu machen! Strebt nach dem, was uns verbindet, nicht nach dem, was uns trennt. Ja, Kriege und Aggressionen müssen gestoppt werden – sofort! Aber der Eurovision Song Contest ist nicht der Ort dafür. Vergesst nie: Sein Motto lautet UNITED BY MUSIC – nicht DIVIDED BY POLITICS!




