Bild: Martin Gerlach jun. (um die 1940)
Die erste österreichische Vorentscheidung 1957
Am 6. Februar 1957 wurde das Wiener Stadttheater zur Bühne für eine der ersten großen Musikshows des Österreichischen Rundfunks: Chansons aus Österreich. Zwei Stunden lang übertrug das ORF-Fernsehen live aus dem prunkvollen Haus. Moderiert wurde die Sendung von Max Lustig, der das Publikum charmant durch den Wettbewerb führte.
Zehn Titel standen an diesem Abend auf dem Programm, interpretiert von Stars der damaligen Schlagerszene wie Erni Bieler, Elfie Friedrich, Bob Martin, Axel Sandy und Horst Winter. Begleitet wurden sie vom Österreichischen Rundfunk-Tanzorchester unter der Leitung von Carl de Groof, der für einen professionellen, mitreißenden Sound sorgte.
Besonders innovativ war das Abstimmungssystem: Eine Jury aus drei prominenten Gästen im Saal und drei telefonisch zugeschalteten Juroren aus Salzburg, Graz und Linz entschied gemeinsam mit einem Schallpegelmesser, das den Applaus des Publikums aufzeichnete – eine frühe Form von Publikumsbeteiligung, die ihrer Zeit voraus war.
Den Sieg trug am Ende Bob Martin davon. Sein Lied Wohin, kleines Pony?, komponiert von Kurt Svab und getextet von Kurt Svab und Hans Werner, setzte sich gegen die Konkurrenz durch und wurde zum Gewinner des Abends. Über die übrigen Beiträge, ihre Titel und Wertungsergebnisse, ist heute nichts mehr bekannt.
„Chansons aus Österreich“ war nicht nur ein Wettbewerb, sondern auch ein Schaufenster für eine junge Musik- und Fernsehkultur. In einer Zeit, in der Österreich noch zwischen Tradition und Modernisierung stand, zeigte die Show, wie Unterhaltung live und landesweit funktionieren konnte. Sie gilt heute als Vorläufer späterer ORF-Musikwettbewerbe und als ein frühes Experiment mit Publikumsbeteiligung, lange bevor Telefon- und Onlinevoting selbstverständlich wurden.
