Österreich beim ESC: Die 1990er Jahre

Zwischen Balladen und Pop-Hoffnungen

In den 1990er-Jahren nahm Österreich regelmäßig am Eurovision Song Contest teil, hatte aber meist nur mäßigen Erfolg. Die Beiträge reichten von gefühlvollen Balladen bis zu poppigen Songs, spiegelten also die musikalischen Trends des Jahrzehnts wider. Höhepunkte waren vereinzelte Top-10-Platzierungen, während die meisten Auftritte eher im Mittelfeld oder am unteren Ende des Rankings landeten. Insgesamt war das Jahrzehnt geprägt von wechselnden Ergebnissen und der Suche nach einem musikalischen Stil, der international stärker überzeugen konnte.

1990: Simone / Keine Mauern mehr

1990 vertrat Simone Stelzer Österreich beim Eurovision Song Contest in Zagreb mit dem Song Keine Mauern mehr. Der Song, komponiert von Marc und Nanna Berry mit Texten von Mario Botazzi, griff das bewegende Thema des Mauerfalls auf und vermittelte Hoffnung auf ein vereintes Europa. Ursprünglich sollte der Song Das Beste von Duett Österreich vertreten, doch der Song wurde disqualifiziert, da er bereits 1988 in Deutschland eingereicht worden war, so rückte Keine Mauern mehr nach. Mit kraftvoller Stimme und überzeugender Bühnenpräsenz sicherte sich Simone einen respektablen 10. Platz mit 58 Punkten. Ihr Auftritt legte den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere als Schlagersängerin und Schauspielerin, die 1994 mit dem Album „Wahre Liebe“ ihren Höhepunkt fand.

Aus dem Siegerland Italien gab es 12 Punkte für Simone.

1991: Thomas Forstner / Venedig im Regen

1991 trat Thomas Forstner mit dem Song Venedig im Regen beim Eurovision Song Contest in Rom an, nachdem er zuvor die Vorentscheidung Ein Lied für Rom gewann. Der romantische Titel, komponiert von Robby Musenbichler, Hubert Moser und Wolfgang Eltner, beschreibt eine nächtliche Begegnung in Venedig, die von Sehnsucht und Magie geprägt ist. Trotz seiner eindrucksvollen Darbietung erreichte Österreich mit diesem Beitrag den 22. Platz und erhielt null Punkte, was den letzten Platz im Wettbewerb bedeutete. Dieser Rückschlag war besonders bemerkenswert, da Forstner zwei Jahre zuvor mit Nur ein Lied den 5. Platz erzielt hatte. Trotz des enttäuschenden Ergebnisses bleibt Venedig im Regen ein unvergesslicher Moment in der Geschichte des österreichischen Beitrags beim Eurovision Song Contest.

War der Anzug der Grund für die null Punkte in Rom?

1992: Tony Wegas / Zusammen geh´n

1992 vertrat Tony Wegas Österreich beim Eurovision Song Contest in Malmö mit dem Song Zusammen geh´n. Die gefühlvolle Ballade, komponiert von Dieter Bohlen und getextet von Joachim Horn-Bernges, erzählt von Sehnsucht, Liebe und dem Wunsch, gemeinsam in die Zukunft zu gehen. Mit eingängigem Refrain und europop-orientierter Melodie gehörte der Song zu den Favoriten des Abends und sicherte Wegas am Ende den 10. Platz von 23 Teilnehmern. In Österreich erreichte die Single Platz 9 der Charts und hielt sich mehrere Wochen, später erschien sogar eine englische Version unter dem Titel God Only Knows. Wegas’ Auftritt bleibt bis heute eines der bekanntesten ESC-Kapitel der frühen 90er für Österreich.

Dieter Bohlen nahm den Song für die erste Staffel von DSDS neu auf und nannte ihn We Have a Dream.

1993: Tony Wegas / Maria Magdalena

1993 durfte Österreich erneut auf Tony Wegas setzen, diesmal mit dem Song Maria Magdalena beim ESC in Millstreet (Irland). Nach seinem soliden 10. Platz im Vorjahr sollte er noch einmal antreten und Österreich nach vorne bringen. Doch der Plan ging nur halb auf: Statt einer großen Ballade wie 1992 wählte man diesmal in der Sendung Veni, Vidi, Wegas ein dramatisches, fast schon musicalhaftes Stück über Schuld, Sünde und Erlösung. Wegas sang mit viel Pathos und Inbrunst, doch die europäische Jury war weniger begeistert, am Ende reichte es nur für Platz 14. Damit war klar: Die Hoffnung, mit demselben Sänger zweimal in Folge die ESC-Krone zu holen, blieb unerfüllt. Trotzdem bleibt Tony Wegas bis heute eine der bekanntesten österreichischen ESC-Figuren der 90er. Tony Wegas hier im Interview über seine Auftrite 1992 und 1993.

Aus dem Bunker der Radio- und Fernsehanstalt Bosnien und Herzegowina in Sarajevo vergibt die Jury 12 Punkte an Österreich.

1994: Petra Frey / Für den Frieden der Welt

1994 trat Österreich beim Eurovision Song Contest in Dublin mit der Sängerin Petra Frey und dem Song Für den Frieden der Welt an. Der Song wurde zuvor in der Vorentscheidung Ein Lied für Dublin ausgewählt. Die Ballade setzte auf eine hymnische, fast feierliche Inszenierung und vermittelte eine klare Botschaft für Zusammenhalt, Mitgefühl und Weltfrieden, Themen, die besonders in den politisch unruhigen 1990er-Jahren, kurz nach dem Ende des Kalten Krieges und den Konflikten in Osteuropa, sehr aktuell waren. Musikalisch folgte der Song einer klassischen ESC-Balladenstruktur mit orchestraler Begleitung und eindringlicher Stimme, blieb dabei jedoch vergleichsweise konventionell und konnte sich kaum von den Beiträgen anderer Länder abheben. Am Ende erreichte Für den Frieden der Welt den 17. Platz, was den musikalischen Erfolg begrenzte.

Petra Frey wird 2003 noch einmal an der österreichischen Vorentscheidung teilnehmen.

1995: Stella Jones / Die Welt dreht sich verkehrt

1995 vertrat Stella Jones Österreich beim Eurovision Song Contest in Dublin mit dem Song Die Welt dreht sich verkehrt. Die Soul- und Jazzsängerin, geboren als Stellisa Zacher in Berlin, präsentierte eine eingängige Popnummer, die von Mischa Krausz komponiert wurde und die verwirrenden Gefühle der Liebe thematisiert, eine Welt, die sich „verkehrt“ dreht, wenn der geliebte Mensch anwesend ist. Mit ihrer kraftvollen Stimme und charismatischen Bühnenpräsenz erreichte sie den 13. Platz mit 67 Punkten. Obwohl der Song nicht zu den Top-Platzierungen gehörte, bleibt er ein markantes Beispiel für Österreichs ESC-Beiträge der 1990er-Jahre.

Stelle Jones war bereits 1990 bei der österreichischen Vorausscheidung dabei.

1996: George Nussbaumer / Weil´s dr guat got

1996 vertrat George Nussbaumer Österreich beim Eurovision Song Contest in Oslo mit dem Song Weil´s dr guat got. Der blinde Musiker aus Vorarlberg präsentierte den Song im Vorarlberger Dialekt und thematisierte auf einfühlsame Weise die Freude daran, wenn es anderen gut geht. Mit seiner kraftvollen Soul-Stimme, begleitet von Klavier und einem Gospel-ähnlichen Chor im Call-and-Response-Stil, verlieh er dem Song emotionale Tiefe. Weil´s dr guat got erreichte den 10. Platz mit 68 Punkten und war damit der zweite österreichische ESC-Beitrag in Mundart. Der Song wurde von Nussbaumer gemeinsam mit Mischa Krausz komponiert und erschien 1996 als Single, die Platz 36 der österreichischen Charts erreichte. Bis heute gilt er als ein besonderer Meilenstein in der Geschichte der österreichischen ESC-Beiträge.

Bevor es nach Oslo ging, musste Österreich erst durch eine Qualifikationsrunde. Dort belegte der Song den sechsten Platz.

1997: Bettina Soriat / One Step

1997 vertrat Bettina Soriat Österreich beim Eurovision Song Contest in Dublin mit dem Song One Step. Die Popnummer bestach durch einen eingängigen Refrain und eine klare, selbstbewusste Botschaft: Sie handelt vom Ende einer Beziehung und der Entschlossenheit, sich nicht länger ausnutzen zu lassen, und passte damit perfekt in die 90er-Jahre-Popästhetik. Soriat, bereits als Sängerin und Tänzerin aktiv, setzte bei ihrem Auftritt auf viel Energie, Bühnenpräsenz und eine Performance, die sowohl visuell als auch stimmlich überzeugen sollte. Trotz dieser engagierten Darbietung erhielt der Song nur 12 Punkte und belegte den 21. Platz von 25 Teilnehmern, was nach den damaligen ESC-Regeln bedeutete, dass Österreich 1998 pausieren musste. One Step wurde von Marc Berry komponiert, während die Texte von Martina Siber und Berry selbst stammen.

Bettina Soriat war ein Jahr zuvor im Background für George Nussbaumer mit dabei.

1999: Bobbie Singer / Reflection

1999 vertrat Bobbie Singer (bürgerlich Tina Schösser) Österreich beim Eurovision Song Contest in Jerusalem mit dem Song Reflection. Die damals 18-jährige Sängerin wurde vom ORF intern ausgewählt und präsentierte eine moderne Popnummer, die durch ihren eingängigen Refrain und die emotionale Ausdruckskraft auffiel. Reflection, komponiert und getextet von Dave Moskin, thematisiert das In-sich-Gehen und das Reflektieren über Gefühle, eine Botschaft, die universell nachvollziehbar ist. Mit ihrer überzeugenden Bühnenpräsenz erreichte Bobbie Singer den 10. Platz von 23 Teilnehmern, was Österreich die Teilnahme für das Folgejahr sicherte. Obwohl der Song kommerziell nur mäßigen Erfolg hatte und nicht in die Charts einstieg, gilt er bis heute als ein erinnerungswürdiger ESC-Beitrag und zeigt die Fähigkeit Österreichs, junge Talente auf eine internationale Bühne zu bringen.

Ende 1999 sang Bobbie Singer Before I Die, den Titelsong des Horror-Thrillers Seven Days to Live.
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