Österreich beim ESC: Die 2000er Jahre

Eine Dekade voller Experimente

In den 2000er-Jahren zeigte Österreich beim Eurovision Song Contest eine große stilistische Vielfalt, konnte aber nur selten Spitzenplätze erreichen. Die Beiträge reichten von modernen Popnummern über eingängige Balladen bis hin zu satirischen und genreübergreifenden Songs. Der Höhepunkt war ein 6. Platz, während viele Auftritte im Mittelfeld oder im Semifinale blieben. Ein besonders prägendes Ereignis war das enttäuschende Abschneiden 2007, das zu einer dreijährigen Pause von 2008 bis 2010 führte. Insgesamt spiegelte die Dekade Österreichs Suche nach einem erfolgreichen musikalischen Konzept auf internationaler ESC-Bühne wider.

2000: The Rounder Gilrs / All To You

2000 vertrat das Vokaltrio The Rounder Girls – Tini Kainrath, Kim Cooper und Lynne Kieran – Österreich beim Eurovision Song Contest in Stockholm. Mit ihrem Beitrag All To You sorgten sie für frischen Schwung auf der ESC-Bühne: ein mitreißender Mix aus Gospel, Soul und Pop, getragen von drei kraftvollen Stimmen. Obwohl ihre Performance beim Publikum gut ankam, erreichten sie mit 34 Punkten lediglich den 14. Platz von 24 Ländern, was dazu führte, dass Österreich im darauffolgenden Jahr pausieren musste. Trotz des mäßigen Abschneidens gilt All To You bis heute als einer der stimmgewaltigsten und charismatischsten österreichischen ESC-Songs der 2000er-Jahre.

Lynne Kieran (links) starb unerwartet am 8. Dezember 2013.

2002: Manuel Ortega / Say a Word

2002 ging Manuel Ortega für Österreich beim Eurovision Song Contest in Tallinn mit Say a Word an den Start. Der moderne Popsong, der zuvor in der Vorentscheidung „song.null.zwei“ ausgewählt worden war, setzte auf jugendliche Frische, eingängige Melodien und Ortegas charmante Bühnenausstrahlung. Auf der internationalen Bühne überzeugte er mit einer sympathischen Performance, doch trotz des zeitgemäßen Sounds landete Österreich mit 26 Punkten nur auf dem 18. Platz von 24 Teilnehmern. Der große Erfolg blieb zwar aus, doch Say a Word gilt bis heute als ein Beispiel für Österreichs Versuch, sich mit jugendlichem, internationalen Pop im Wettbewerb neu aufzustellen.

Der österreichische Beitrag Say A Word bekam 12 Punkte aus der Türkei.

2003: Alf Poier / Weil der Mensch zählt

2003 sorgte Alf Poier für einen der außergewöhnlichsten Auftritte Österreichs beim Eurovision Song Contest. Mit seinem satirischen Song Weil der Mensch zählt trat der Kabarettist und Musiker in Riga (Lettland) an und brach bewusst mit den gängigen ESC-Mustern. Sein Beitrag war eine Mischung aus ironischem Schlager, kabarettistischem Witz und skurriler Performance, begleitet von Pappfiguren und einer minimalistischen Bühnenshow. Inhaltlich war der Song eine Parodie auf die Oberflächlichkeit von Popmusik und gleichzeitig eine humorvolle Gesellschaftskritik. Das Risiko zahlte sich aus: Trotz oder gerade wegen der schrägen Inszenierung erreichte Österreich mit 101 Punkten den 6. Platz von 26 Teilnehmern, die beste Platzierungen des Landes in den 2000er-Jahren. Weil der Mensch zählt gilt bis heute als Kultbeitrag, der zeigt, dass auch mit Ironie, Humor und Mut zur Andersartigkeit beim ESC Erfolge möglich sind.

17 von 25 Ländern gaben Österreich Punkte, darunter als höchste Wertung zweimal 10 Punkte aus Island und Portugal.

2004: Tie Break / Du bist

2004 traten Tie Break – Thomas Pegram, Stefan di Bernardo und Thomas Elzenbaumer – für Österreich beim Eurovision Song Contest in Istanbul mit der Popballade Du bist an. Der Song überzeugte durch gefühlvolle Melodien, harmonische Gesangslinien und romantische Texte, die besonders das klassische ESC-Publikum ansprechen sollten. Die Bühnenperformance blieb schlicht und zurückhaltend, wodurch sie wenig visuelle Aufmerksamkeit erzeugte. Trotz einer soliden musikalischen Darbietung erreichte Österreich lediglich den 21. Platz von 24 Teilnehmern mit insgesamt 9 Punkten.

Das Trio sollte ursprünglich aus vier Personen bestehen. Isa Sabani stieg kurzfristig vor der Vorentscheidung aus.

2005: Global Kryner / Y Así

2005 vertraten Global Kryner Österreich beim Eurovision Song Contest in Kiew mit dem Song Y Así. Der Titel, komponiert von Christof Spörk und Edi Köhldorfer, verband traditionelle österreichische Volksmusik mit lateinamerikanischen Rhythmen und zeichnete sich durch eine energiegeladene und visuell auffällige Performance aus. Die Band, bestehend aus Christof Spörk, Edi Köhldorfer, Anton Sauprügl, Thomas Gansch, Karl Rossmann und Sabine Stieger, hatte den Beitrag zuvor in der nationalen Vorausscheidung „Song.Null.Fünf“ ausgewählt, wobei es nach dem Wettbewerb Diskussionen über das Abstimmungssystem gab, da Alf Poier im Televoting mehr Stimmen erhalten hatte, aber nicht gewann. Beim ESC eröffnete Global Kryner das Semifinale, konnte sich jedoch nicht für das Finale qualifizieren und belegte den 21. Platz von 25 Teilnehmern mit 30 Punkten. Trotz des frühen Ausscheidens gilt Y Así als ein kreativer und origineller Beitrag, der die Vielseitigkeit der österreichischen Musikszene eindrucksvoll zeigte.

30 Punkte, davon 10 aus Slowenien, dem Land der alpenländischen Polka, reichten nicht für den Einzug ins Finale.

2007: Eric Papilaya / Get a Life – Get Alive

2007 vertrat Eric Papilaya Österreich beim Eurovision Song Contest in Helsinki mit der Popnummer Get a Life – Get Alive, die Motivation und Lebensfreude vermitteln sollte. Mit seiner kraftvollen Stimme und energiegeladenen Bühnenpräsenz machte Papilaya einen starken Eindruck, doch Österreich landete im Semifinale nur auf dem 27. Platz von 28 Teilnehmern und schaffte somit nicht den Sprung ins Finale. Das enttäuschende Ergebnis führte dazu, dass der ORF, wie bereits nach 2006, beschloss, Österreich für die folgenden drei Jahre (2008–2010) vom Wettbewerb auszusetzen, um die Auswahlprozesse und die musikalische Ausrichtung zu überarbeiten.

Get a Life – Get Alive war 2007 der offizielle Life-Ball-Song. Optisch ein echter Hingucker, musikalisch dagegen ein Fremdkörper – oder war es genau umgekehrt? Genau dieser seltsame Mix dürfte das enttäuschende Ergebnis erklären.
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