Es war einmal ein Land… / Teil 3 /

In den 1980er-Jahren schafften es Jugoslawiens Teilnehmer gleich viermal in die Top 10. Den größten Erfolg verbuchte das Land 1989, als die Gruppe Riva mit Rock Me den einzigen Sieg der Nation holte – und damit den Eurovision Song Contest 1990 nach Zagreb brachte. Dass der Staat Jugoslawien nur zwei Jahre später nicht mehr existieren würde, ahnte damals kaum jemand.

Comeback nach vier Jahren

Nach einer vierjährigen Pause aufgrund mäßiger ESC-Ergebnisse kehrte die Jugovizija 1981 zurück – diesmal in Belgrad, im Studio der dortigen Radiotelevizija Beograd. Insgesamt traten 16 Songs an, und die Entscheidung über den Sieger fiel durch acht regionale Jurys. Jede Republik und jede autonome Provinz stellte einen siebenköpfigen Jurykreis – dabei galt ein striktes Prinzip: Keine Jury durfte für Beiträge aus ihrem eigenen Gebiet stimmen.

Am Ende setzte sich Seid Memić Vajta mit Lejla durch mit 71 Punkte. Auf Platz zwei landeten Novi fosili mit Oko moje (67 Punkte), dahinter Srebrna krila mit Kulminacija (61 Punkte). Beim Eurovision Song Contest in Dublin erreichte Vajta den 15. Platz. Begleitet wurde er auf der Bühne von Neda Ukraden, Ismeta Krvavac und Jadranka Stojaković, die auch im offiziellen Preview-Video als Backgroundsängerinnen mitwirkten. Neben der serbokroatischen Originalfassung entstand zudem eine Studioaufnahme mit englischem Text.

Überraschungssieg bei der Jugovizija 1982

Jugovizija 1982 fand am 12. März in Ljubljana statt. Wie schon im Vorjahr traten 16 Songs im Finale gegeneinander an. Über den Sieger entschied erneut ein Juryverfahren, allerdings mit einer kleinen, aber entscheidenden Änderung: Statt Musikexperten saßen diesmal Musik-Laien im Alter von 16 bis 50 Jahren in den acht regionalen Jurys.

Am Ende setzte sich die Belgrader Band Aska mit Halo, halo durch und erreichte 60 Punkte. Überraschend war der Sieg vor allem, weil die Radio- und Fernsehredakteure andere Songs favorisierten: Julija (Maja Odžaklijevska, 2. Platz), Ne zaboravi me (Seid Memić Vajta, 3. Platz), Julija i Romeo (Srebrna krila, 4. Platz) und Vikend tata, vikend mama (Novi fosili, 4. Platz). Die Punkte lagen dabei überraschend dicht beieinander. Grund dafür waren die taktischen Spielchen der Expertenjurys der Republiken – sie vergaben Favoriten entweder die maximale Punktzahl oder ignorierten sie komplett. Im Gegensatz dazu erhielt Halo, halo von allen Jurys Punkte und sicherte sich so den überraschenden Sieg.

Die Gruppe Aska – bestand aus Izolda Barudžija, Snežana Mišković und Snežana Stamenković – belegte beim Eurovision Song Contest den 14. Platz. Ihr Auftritt ging dennoch in die ESC-Geschichte ein: Halo, halo erhielt als erster jugoslawischer Beitrag die volle Punktzahl (12 Punkte) von einer Expertenjury aus Schweden. Ein möglicher Grund für den skandinavischen Erfolg: Stig Anderson, Manager und Kopf der berühmten Band ABBA, kaufte sofort die Produktionsrechte für Skandinavien und soll sogar seine Tochter nach Harrogate geschickt haben, um Aska vor Ort zu helfen.

Danijel Popović und der große Hit Džuli

Die Jugovizija 1983 zog von Ljubljana nach Novi Sad, ins Narodno kazalište, und fand am 4. März an einem Abend statt. Wieder traten 16 Songs gegeneinander an, und über den Sieger entschieden acht regionale Jurys – eine aus jeder Republik und autonomen Provinz. Anders als im Vorjahr saßen diesmal Musikexperten in den Jurys.

Den Sieg holte der damals noch weitgehend unbekannte Montenegriner Danijel Popović mit Džuli. Er setzte sich vor Novi fosili mit Volim te od 9 do 2, 2. Platz und Maja Odžaklijevska mit Lidu lidu du, 3. Platz durch. Überraschend landete der anfängliche Favorit Lepa Brena & Slatki Greh mit Sitnije cile, sitnije nur auf Platz sieben – dennoch erzielten sie neben dem Siegerlied und der Sechstplatzierten Bebi Dol mit Rudi einen nennenswerten Erfolg. Beim Eurovision Song Contest in Deutschland erreichte Danijel einen hervorragenden 4. Platz, womit er den bisher größten jugoslawischen ESC-Erfolg seit Lola Novaković vor 21 Jahren wiederholte. Fünf Jurys vergaben die maximale Punktzahl an Džuli, und auch die anderen Jurys waren dem Song wohlgesinnt, sodass er insgesamt 125 Punkte erzielte. Nach dem ESC wurde Danijel in Jugoslawien ein Star: Der Single-Hit Džuli verkaufte sich unglaubliche 800.000 Mal, was für die damalige Zeit einen Rekord darstellte. Auch in Europa avancierte der Song zum Hit.

Vlado und Izolda triumphieren bei Jugovizija 1984

Der bewährte Jugovizija setzte sich auch 1984 fort. Vor den Fernsehzuschauern und dem Publikum in Skopje traten erneut 16 Songs an, über deren Reihenfolge acht Jurys der RTV-Zentren der Jugoslawischen Radiotelevision entschieden – wie schon in den Vorjahren. Den Sieg holten Vlado Kalember (der erste Sänger der Band Srebrna krila) und Izolda Barudžija (die ein Jahr zuvor als Background-Sängerin Danijel Popović unterstützte und 1982 Mitglied er Aska war) mit dem Song Ciao amore, ursprünglich unter dem Titel Ljubavna priča broj 1 bekannt. Danijel Popović nahm auch diesmal an Jugovizija teil und wurde mit Ma-Ma Marija Vierter. Auf Platz zwei landete Maja Odžaklijevska mit Niki, Platz drei belegte Rendez-Vous mit O, ne cherie. Der Evergreen Princeza (Negde izvan Planeta) in der Darbietung von Dado Topić und Slađana Milošević kam aufgrund interner Streitigkeiten zwischen den RTV-Zentren nur auf den sechsten Platz.

Beim Eurovision Song Contest erreichten Vlado und Izolda den vorletzten 18. Platz, wobei ihnen immerhin die Jurys von Zypern und der Türkei je acht Punkte gaben. Eine besondere Anekdote: Der türkische Jury vergab Punkte, obwohl der Videoclip auf der nationalen Fernsehanstalt zensiert war – Grund waren die freizügigeren Szenen, die an der montenegrinischen Küste gedreht worden waren.

Doris Dragović erobert die Herzen der Jurys

Nach einer einjährigen Pause – ausgelöst durch die Terminüberschneidung des Eurovision Song Contests mit dem Todestag von Josip Broz Tito – kehrte Jugoslawien 1986 wieder auf die große ESC-Bühne zurück. Die Rückkehr-Jugovizija fand am 7. März 1986 in Priština statt. Beim Wettbewerb traten zahlreiche große Namen der jugoslawischen Musikszene gegeneinander an. In der Finalshow standen 16 Teilnehmer auf der Bühne, und über den Sieger entschieden acht regionale Jurys – je eine aus jeder Republik und autonomen Provinz.

Den Sieg holte Doris Dragović mit Željo moja. Direkt hinter ihr landeten Novi fosili mit Boby br. 1 und die Gruppe Denis & Denis mit Braća Grimm i Andersen. Der große Hit Miki Mićo von Lepa Brena & Slatki Greh erreichte lediglich den zehnten Platz. Die Topfavoritin Neda Ukraden mit Šaj, rode, šaj belegte nur Platz acht. Den größten Hit des Jahres lieferte die Band Hari Mata Hari mit U tvojoj kosi, die den fünften Platz erreichte. 2006 belegte die Band für Bosnien und Herzegowina mit Lejla in Athen den dritten Platz. Auch der ESC-Teilnehmer von 1981, Seid Memić Vajta, war mit Sandra vertreten und belegte nur den zwölften Platz. Ebenfalls knapp an den Top 10 vorbeigeschrammt, erreichte Danijel Popović mit Peggy Sue den elften Platz. Beim Eurovision Song Contest in Bergen belegte Doris den 11. Platz mit 49 Punkten. Trotz der mäßigen Platzierung beim ESC ist Željo moja bis heute ein großer Hit und gilt als einer der schönsten Songs in Doris Dragovićs Repertoire.

Endlich zum Song Contest

Die Jugovizija 1987 fand im Belgrader Sava-Centar am 7. März statt. Insgesamt traten 24 Beiträge an, über die wie gewohnt acht regionale Jurys der jugoslawischen Rundfunkanstalten entschieden. Jede Jury bestand aus drei Mitgliedern und vergab Punkte in den Stufen 1, 2, 3, 5 und 7. Mit deutlichem Abstand setzte sich die Gruppe Novi fosili durch, die für Ja sam za ples insgesamt 72 Punkte erhielt. Nach drei zweiten Plätzen in den Jahren 1981, 1983 und 1986 gelang ihnen damit der lang erwartete Sieg. Auf den Plätzen folgten Massimo Savić mit Samo jedan dan (53 Punkte) und Tereza Kesovija mit Tko mi je kriv (46 Punkte). Auf Platz 4 landete Bebi Dol mit Zrno nežnosti (43 Punkte). Zu den weiteren bekannten Teilnehmern zählten Hari Mata Hari (14. Platz), Indexi (8. Platz) Ana Sasso & Daniel (Platz 12), Kaliopi (Platz 10) und Josipa Lisac, deren neuntplatzierter Beitrag Gdje Dunav ljubi nebo später große Popularität erlangte.

Beim Eurovision Song Contest erreichten Novi fosili einen hervorragenden vierten Platz, was den Beginn einer Reihe solider jugoslawischer ESC-Ergebnisse markierte und zugleich den Status der Gruppe als eine der populärsten Bands Jugoslawiens bestätigte. Ja sam za ples entwickelte sich anschließend zu einem sommerlichen Hit, und die Single wurde in neun europäischen Ländern veröffentlicht.

Srebrna Krila tanzen sich zum Sieg bei Jugovizija

Die Jugovizija 1988 fand am 12. März in Ljubljana statt. Nach einem Jahr mit 24 Beiträgen kehrte der Wettbewerb diesmal zum kompakteren Format von 16 Songs zurück. Über den Sieger entschieden erneut acht regionale Jurys der jugoslawischen Rundfunkanstalten, die ihre Wertungen in den Stufen 1, 2, 3, 5 und 7 Punkten vergaben.

Den Sieg holten – zum zweiten Mal in Folge für eine Zagreber Delegation mit Rajko Dujmić an der Spitze – Srebrna Krila mit dem Titel Mangup. Dahinter landeten Oliver Dragojević mit Ðeni auf Platz zwei und Bebi Dol mit Zatvori mama prozore auf Platz drei. Live traten allerdings nur 15 Interpreten an, da Jasna Gospić krankheitsbedingt ins Krankenhaus musste und nicht auftreten konnte. Beim Eurovision Song Contest in Dublin erreichten Srebrna Krila einen starken sechsten Platz, und Mangup gehört bis heute zu den bekannten Songs der Band.

Riva gewinnt die Jugovizija und den Eurovision Song Contest!

Bei der Jugovision 1989 im Serbischen Nationaltheater in Novi Sad feierte die bisher unbekannte Gruppe Riva aus Zadar einen überraschenden Sieg mit dem von Rajko Dujmić geschriebenen Song Rock Me. Sie setzte sich gegen den Favoriten Massimo Savic mit seinem Song Plavi anđeo durch. Ein weiterer Publikumsliebling war Sve ove duge godine von Jasna Zlokić. Auch andere Favoriten wie Voli me opet von BG Sound oder Još jedan poljubac za kraj von Biljana Krstić & Srđan Marjanović zählten zu den Höhepunkten des Abends.

Die spannendste Phase war das Juryvoting: Anfangs führte Massimo deutlich, doch nach Auszählung der Stimmen aus Zagreb lagen Rock Me und Plavi anđeo punktgleich. Dank der entscheidenden Stimmen der Jury aus Titograd setzte sich Riva schließlich durch und gewann die Vorentscheidung mit nur einem Punkt Vorsprung. Diese Entscheidung erwies sich als Volltreffer: Riva gewann anschließend den Eurovision Song Contest 1989 in Lausanne und sicherte Jugoslawien seinen einzigen Sieg.

Tajči gewinnt eindeutig Jugovizija 1990 in Zadar

Nachdem die Gruppe Riva den Eurovision Song Contest für Jugoslawien gewonnen hatte, entschied der jugoslawische Rundfunk JRT, die Jugovizija 1990 in ihrer Heimatstadt Zadar in der Sporthalle Jazine auszurichten. Am 3. März präsentierten sich im Finale 16 Teilnehmer mit ebenso vielen Beiträgen. Den Sieger bestimmten acht regionale Jurys, die sich aus zwei Musikexperten sowie einer weiteren Person unter 30 Jahren zusammensetzten und Punkte von eins bis drei sowie fünf und sieben vergaben.

Gewonnen hat Tajči mit dem Song Hajde da ludujemo und stellte dabei mit 114 Punkten einen neuen Rekord in der Geschichte der Jugovizija auf. Damit durfte sie Jugoslawien beim Eurovision Song Contest im eigenen Land vertreten. Platz zwei ging an Boris Novković mit Noćna straža (Dajana), gefolgt von Oliver Dragojević und Zorica Kondža mit Sreća je tamo gdje si ti. Für zusätzliche Höhepunkte im Showprogramm sorgten der mehrfache ESC-Sieger Johnny Logan, die Gruppe Riva sowie Ljiljana Petrović, die erste jugoslawische Eurovision-Teilnehmerin, mit Neke davne zvezde. Musikalisch begleitet wurden alle Auftritte vom Festivalorchester des Fernsehens Zagreb. Beim Eurovision Song Contest in Zagreb belegte Tajči den siebten Platz mit 81 Punkten. Ihr Beitrag war zudem der fünfte in Folge, den das Fernsehen Zagreb zum ESC entsandte.

Enttäuschendes ESC-Debüt in Rom

Die Jugovizija 1991 wurde am 9. März im Studio von Televizija Sarajevo ausgetragen. Das Teilnehmerfeld umfasste 16 Beiträge, wobei jeder Titel von einem eigenen Sponsor unterstützt wurde. Für jeden Interpreten wurden zudem eigens in Sarajevo gedrehte Postkarten produziert, die jeweils beim Auftritt des entsprechenden Künstlers eingespielt wurden. Mit insgesamt 68 Punkten setzte sich schließlich Bebi Dol mit dem Song Brazil durch. Nur zwei Punkte dahinter lag der jugoslawische Vertreter von 1983 Danijel mit dem Song Ma daj obuci levisice. Dritte wurde Ivana Banfić mit Daj povedi me. Zum Abschluss forderte Moderator Senad Hadžifejzović die Siegerin mit den Worten „Kommen Sie bitte auf die Bühne, um den Siegertitel zu singen. Ich meine, wenn Sie wollen“ zu einem erneuten Auftritt auf.

Für den Eurovision Song Contest 1991 in Rom wurde der Song Brazil überarbeitet und erhielt eine modernere Version, die jedoch nur im Video überzeugte. Die Live-Version in Rom misslang hingegen völlig, was sich auch im Ergebnis widerspiegelte: Bebi Dol belegte den vorletzten Platz und erhielt lediglich einen Punkt aus Malta.

Die letzte Jugovizija 1992 in Belgrad

Die letzte Jugovizija fand am 28. Februar 1992 in Belgrad statt. Aufgrund der Kriegsgeschehnisse traten die Vertreter Kroatiens, Sloweniens und Mazedoniens nicht bei der Vorentscheidung an, während die Teilnehmer Bosnien-Herzegowinas wiederholt nur geringe Punkte erhielten. Insgesamt traten 20 Künstler an, über den Sieg entschied eine Jury aus 15 Musikfachleuten.

Den Sieg sicherte sich Extra Nena mit der Liebesballade Ljubim te pesmama. Auf den Plätzen zwei und drei folgten Vampiri mit Ding ding dong sowie Arnela Konaković mit Prva noć. Beim Eurovision Song Contest in Malmö belegte Extra Nena für das zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöste Jugoslawien den respektablen 13. Platz. Nach diesem Song Contest war Jugoslawien bzw. der Nachfolgestaat Serbien und Montenegro bis 2004 vom ESC ausgeschlossen.

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