ESCFlashback: Wien 1967

Am 8. April 1967 verwandelte sich die Wiener Hofburg in eine Bühne für ein europäisches Musikspektakel: den Eurovision Song Contest. Zum ersten Mal war Österreich Gastgeber – ein Jahr nach Udo Jürgens’ historischem Sieg mit Merci, Chérie. Die Erwartungen waren hoch, und die Augen Europas blickten auf Wien.

Eine Bühne voller Glanz

Der Austragungsort hätte kaum prunkvoller sein können: der Große Festsaal der Hofburg. Zwischen Kristalllüstern und Spiegelwänden präsentierten 17 Länder ihre Beiträge. Als Eröffnung erklang eine Walzer-Version von Merci, Chérie, gespielt vom Orchester und begleitet von den Wiener Sängerknaben – ein musikalisches Augenzwinkern an die Gastgeberstadt.

Technisch markierte dieser Jahrgang einen Wendepunkt: Es war die letzte Schwarz-Weiß-Ausgabe des Wettbewerbs. Schon ein Jahr später erstrahlte der ESC in Farbe, was dem Contest ein neues, modernes Gesicht gab.

Der Star des Abends: Sandie Shaw

Die eigentliche Sensation war jedoch Sandie Shaw. Die britische Sängerin trat barfuß auf – ganz in ihrem eigenen, unkonventionellen Stil – und sang Puppet on a String. Der eingängige Popsong hob sich deutlich von den vielen getragenen Balladen ab und katapultierte das Vereinigte Königreich zum ersten ESC-Sieg seiner Geschichte.

Ironischerweise mochte Shaw ihren Beitrag gar nicht. Später nannte sie ihn „eines der schrecklichsten Lieder, die sie je aufgenommen habe“. Doch das Publikum sah das anders: Mit 47 Punkten dominierte sie das Feld klar und brachte frischen Wind in den Wettbewerb.

Überraschungen und Null-Punkte

Hinter ihr landete Irland mit Sean Dunphy auf Platz zwei, und Frankreich sicherte sich mit Noëlle Cordier den dritten Platz. Luxemburgs Vicky Leandros wurde nur Vierte – aber ihr Lied L’amour est bleu entwickelte sich nach dem Contest zu einem Welthit und ist bis heute ein Evergreen.

Weniger erfolgreich waren Spanien, Portugal, Finnland und auch Gastgeberland Österreich: Alle vier Länder erhielten null Punkte. Für Peter Horten, der mit seiner Ballade Warum es hunderttausend Sterne gibt antrat, war das besonders bitter.

Premieren und Pannen

Trotzdem schrieb Wien ESC-Geschichte. Zum ersten Mal wurde der Green Room ins Fernsehen eingeblendet – Zuschauer konnten sehen, wie die Künstler nervös auf die Punkte warteten. Und bei der Punktevergabe passierte Moderatorin Erica Vaal ein kleiner Fauxpas: Sie verkündete das Vereinigte Königreich schon als Sieger, bevor alle Länder ihre Wertungen abgegeben hatten. Am Endergebnis änderte das jedoch nichts.

Ein Abend der Gegensätze

Der Eurovision Song Contest 1967 war ein Abend voller Kontraste: barocke Kulisse trifft auf Pop-Ohrwurm, konservative Balladen auf das Lebensgefühl der Swinging Sixties. Wien zeigte sich traditionsbewusst und zugleich weltoffen – und mit Sandie Shaws Sieg begann eine neue Ära des Wettbewerbs.

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